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Die Besetzung des Königreich Sachsen durch Preußische Truppen beginnend am 16. Juni 1866 während des Deutsch-Deutschen-Kriegs. Deren Auswirkung auf den Nachrichtenverkehr.

Arnim Knapp

Eine spannende Periode Sächsischer Postbeförderung, welche durch die Kriegsereignisse im Kriegsgebiet des Sommers 1866 stark beeinflusst wurde.

Vorgeschichte: Die Ursachen für den Krieg lagen in der österreichisch-preußischen Auseinandersetzung um die Führungsrolle im Deutschen Bund (Deutscher Dualismus). Bereits in der Herbstkrise 1850 wäre es beinahe zu einem Krieg zwischen den beiden Hauptmächten im Bund gekommen. Vor dem Hintergrund der führenden Rolle Preußens im Deutschen Zollverein unter Ausschluss Österreichs, der wirtschaftlichen Prosperität, aber auch der in reaktionären
Kreisen geschätzten preußischen Militärtradition boten sich Anreize, die endgültige Entscheidung der Machtfrage zu suchen. Vorwand des Krieges 1866 war der Streit um die Verwaltung der Herzogtümer Schleswig und Holstein nach dem Ende des Deutsch-Dänischen Krieges.
Dabei ging es um weit mehr, nämlich um die künftige Machtordnung zwischen Österreich, Preußen und den übrigen deutschen Staaten, mithin um den Fortbestand des Deutschen Bundes.

Bismarck bereitete den Krieg vor, indem die Berliner Regierung ein Offensiv- und Defensivbündnis mit dem neuen Königreich Italien schloss. Damit war Österreich im Konfliktfall vom Süden her bedroht.
Im Mai 1866 spitzte sich der Gegensatz zwischen Preußen und Österreich in der Bundesversammlung zu. Die beiden Mächte machten ihre Streitkräfte mobil. Als schließlich Österreich einen neuen Regenten in Schleswig und Holstein einsetzen wollte, besetzte Preußen das österreichisch verwaltete Holstein. Österreich ließ, nach Zustimmung der meisten Mitglieder des Deutschen Bundes, die nicht-preußischen Truppen des Deutschen Bundes aufbieten, um
eine Exekution gegen Preußen durchzuführen – zum Schutz der Bundesverfassung. Bayern, Württemberg, Sachsen, Kurhessen und Hannover schlossen sich Österreich an. Preußen trat daraufhin aus dem Deutschen Bund aus.
Die Kriegshandlungen ab Juni 1866 zeigten, wie wenig die Gegner Preußens auf einen Waffengang vorbereitet waren – weder politisch noch militärisch. Den preußischen Truppen gelang es trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit rasch Hannover und Sachsen zu besetzen.

Situation in Sachsen: Mit der Mobilmachung im Mai wurde die knapp 32.000 Mann starke sächsische Armee bei Dresden zusammen gezogen. Den Oberbefehl über die Sächsischen Truppen erhielt am 19. Mai Kronprinz Albert (späterer König von Sachsen). Der Krieg traf Sachsen also nicht unvorbereitet. Die Vorbereitungen zum Abzug der sächsischen Armee nach Böhmen und die Vereinigung mit den Österreichern waren schon vor dem Beginn des Kriegsausbruches am 16. Juni abgeschlossen, abgestimmt und organisiert.

Preußen hatte an der Grenze zu Sachsen 2 Armeen konzentriert:

  1. die Elb-Armee (General Herwarth v. Bittenfeld) auf dem rechten
    Flügel und

2. die 1. Armee (Prinz Friedrich Karl) in der Lausitz.

3. Die preußische 2. Armee (Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen) stand auf dem linken Flügel in Schlesien.

Nach der preußischen Kriegserklärung am 16. Juni 1866 zog das sächsische Armeekorps am 17. Juni kampflos elbaufwärts durch die sächsische Schweiz nach Böhmen ab, um sich mit dem österreichischen Armeekorps (Clam-Gallas) zu vereinigen. Der sächsische König Johann verließ mit der Armee Dresden und begab sich nach Prag. Die sächsischen Armee-Anstalten und Depots waren schon ab dem 15. Juni 1866 in Richtung Teplitz aufgebrochen. Die preußische Elb-Armee und die 1. Armee überschritten mit der Kriegserklärung am 16. Juni 1866 in den frühen Morgenstunden gleichzeitig an zwei verschiedenen Stellen (Strehla und Löbau) die sächsische Grenze.
Um die Eisenbahn zwischen Leipzig und Dresden für die preußischen Truppen unbrauchbar zu machen, hatten sächsische Truppen zuvor die Elbbrücke der Eisenbahn bei Riesa abgebrannt um den Vormarsch der Preußen zu verzögern. Die Konstruktion zwischen den Pfeilern war aus Holz gebaut.

Eisenbahnbrücke über die Elbe bei Riesa, Quelle Lithographie aus Saxonia

Desgleichen die Eisenbahn-Brücken der Bahnstrecke Dresden-Görlitz bei Löbau und die alte Elbbrücke bei Meissen.

Die zerstörte Eisenbahnbrücke bei Löbau wurde gesprengt

Alte Elbbrücke bei Meissen wurde abgerannt

Bereits am 17. Juni waren preußische Verbände der Elb-Armee in Meißen. Am 18. wurde Dresden von preußischen Truppen besetzt. Am 19. schließlich folgte auch Leipzig. Am 20. Juni, der 19. war ein Ruhetag, rückte die Elb-Armee von Dresden aus nach Osten vor. Über die alte Heerstraße, die Napoleonstraße (über die schon so viele Heere marschiert sind, so zum Beispiel die Russen, die Preußen und Franzosen im Jahre 1813), ging es in Richtung Bischofswerda
und Stolpen. Am 22. Juni marschierten die Preußen bereits in Nordböhmen ein und erreichten, über Neustadt, Schluckenau (Šluknov). Die 1. Armee, über Bautzen und Löbau marschierend, überschritt am 23. Juni weiter nördlich die Grenze nach Böhmen. Sachsen war verloren, geopfert und kampflos aufgegeben. Einzig die Festung Königstein und die Haftanstalt Waldheim sahen jetzt noch, von den Preußen geduldet, sächsische Soldaten unter Waffen. Die Entscheidung des Krieges fiel aber an einer anderen Stelle. Auch wenn das Königreich Sachsen von Kampfhandlungen verschont blieb, so war die preußische Besetzung für die Bevölkerung bitter genug. Sie mussten gewaltige Tributionszahlungen leisten und Einquartierungen erdulden. Am 3. Juli 1866 brachte das preußische Heer bei Königgrätz in Nordböhmen Österreich die entscheidende Niederlage bei.

Die beide Stellen an denen die Preußischen Truppen am 16. Juni begannen Sachsen zu besetzten.

Der Sächsische Postverkehr wurde infolge der preußischen Besetzung Sachsens teilweise erheblich gestört. Die Post wurde teilweise beschlagnahmt und zensiert.

Briefe welche der Preußischen Zensur kurz nach Kriegsbeginn entgangen sind.

Die folgenden Postsendungen wurden am Tag der Eröffnung der Feindseligkeiten Preußens mit Sachsen vormittags aufgegeben. Da die Spedition nicht über das Fahrende Postamt Nr. 2 Leipzig-Dresden sondern in Richtung Süden mit dem Fahrenden Postamt Nr. 1 Leipzig-Hof bzw. mit der Bahnpost Leipzig-Berlin nach Norden erfolgte unterblieb die Beschlagnahmung und Zensur durch preußische Truppen, die bereits in den Mittagsstunden des 16. Juni 1866 die
Bahnverbindung Leipzig-Dresden gesperrt hatten. Leipzig wurde erst am 19. Juni 1866 von preußischen Truppen besetzt.

Handelsbrief, welcher der preußischen Zensur am 16. Juni, dem Tag des Kriegsbeginns, entgangen ist, weil Leipzig noch nicht besetzt war und er nach Norden befördert wurde.

Paketbegleitbrief der Feldpostexpedition I, welcher der preußischen Zensur am Tag des Kriegsbeginns entgangen ist. Begleitbrief aus der Heimat in das Feld.
Das Ziel dieses Briefes lag direkt an der Böhmischen Grenze, dort waren noch Sächsische Truppen in Kampfhandlungen verwickelt,

Feldpost-Paketbegleitbrief aus der Heimat in das Feld
Beförderung: LEIPZIG Postexpedition III, 16. Juni 1866 7-8 Uhr vormittags nach HEIDELBERG b.
EINSIEDELN (bei Seiffen)

Leitstempel bzw. Ankunftsstempel: Sächsische-Feldpostexpedition I, 24. Juni 1866.
Die Spedition erfolgte infolge der Kriegsereignisse erheblich verzögert,
Beförderungsdauer: 9 Tage Gewicht: 20 Lot
Porto: nach der Postverordnung Nr. 2650 § 25 waren privaten Päckereien an Militärs nicht
portofrei = 2 Ngr
Empfänger: Infantrist Herrmann Remmler „4. Depot Comp. 12. Batt. Detachment“

Die Zensur der Briefpost während der preußischen Besetzung Sachsens 1866. Dadurch mussten starke Beförderungsverzögerungen in Kauf genommen werden.

Die Briefe wurden geöffnet und mit einem Klebezettel „VON DER KGL. PREUSS. MILITAIRVERWALTUNG GEÖFFNET“ wieder verschlossen.
Die Zensurkennzeichnung mit Klebezettel fand auf Grund der heute vorhandenen Belege nur während zwei Tagen des Monats Juni 1866 statt. Sie fand nicht zentral statt. Die Zensur erfolgte durch Beschlagnahmung der sächsischen Post durch preußische Truppen. Offensichtlich waren beide preußischen Armeen, die mit Zensur-Klebezetteln ausgestattet. Es sind Zensuren aus Eroberungsgebieten beider preußischer Armeen bekannt.
Alle bekannten Briefe sind über Dresden befördert worden. Doch eine zentrale Zensur in Dresden oder Leipzig kann ausgeschlossen werden, da deren Besetzung erst am 18. Juni bzw. 19. Juni 1866 erfolgte.
Nach meinen Unterlagen sind bis heute vier Briefe mit dem preußischen Zensur-Klebezettel bekannt. Sie wurden alle im Juni 1866 befördert.

Zwei Briefe vom ersten Tag des Kriegsbeginns am 16. Juni 1866

Folgender Brief muss durch Truppen der Elb-Armee zensiert worden sein. Er wurde aus dem Zug der Bahnlinie Leipzig-Dresden beschlagnahmt.

Einfacher Frankobrief
Beförderung: LEIPZIG 16. Juni 1866 12 Uhr mittags mit den fahrenden Postamt Nr. 2 auf der Strecke Leipzig-Dresden an die Station FISCHBACH bei Stolpen, Bahnhof

Adressat: Frau Anna Gablentz die Ehefrau des Postverwalters, der am 1. Januar 1866 eröffneten Postexpedition Fischbach an der Bahnstrecke der Sächsisch-Schlesischen Eisenbahn Dresden- Görlitz gelegen.

Ob diese Bahnlinie schon wieder in Betrieb war, ist nicht mehr feststellbar, da keine Transit und Ankunftsstempel vorhanden sind.

Am 21. Dezember 1845 wurde die Eisenbahnstrecke Dresden – Bischofswerda eingeweiht. Die Züge hielten an der Haltestelle Fischbach. Noch heute erinnert der Flurname „Alter Bahnhof“ daran. Am 15. Oktober 1875 wurde der Arnsdorfer Bahnhof eröffnet. Als Eisenbahnknotenpunkt der Linien Dresden-Görlitz und Kamenz-Pirna bekam der Ort eine günstige Verkehrslage. Betriebe der Holz-, Metall- und Glasbranche siedelten sich an. Die Wandlung vom reinen
Bauerndorf zum Industrie- und Wohnort begann.

Dieser Brief wurde durch die Elb-Armee zensiert und aus dem Zug der Bahnlinie Leipzig- Dresden beschlagnahmt. Er befand sich erst am nächsten Morgen auf dieser Sächsischen Bahnstrecke. Löbau wurde bereits am 16. Juni 1866 von Preußischen Truppen besetzt.

Einfacher Portobrief
Beförderung: DESSAU 16. Juni 1866 7-8 Uhr nachmittags preußischer Postbezirk über LEIPZIG,
mit den Bahnposten Leipzig-Dresden bis DRESDEN und Dresden-Görlitz bis nach LÖBAU.
Porto: im 3. Postvereinsrayon > 20 Meilen = 3 Sgr.

Briefe vom zweiten Tag des Kriegsbeginns am 17. Juni 1866

Die Eisenbahnlinie Dresden-Bodenbach war vom 15. Juni bis 1. August 1866 unterbrochen, so dass dieser Brief nicht mit der Bahnpost nach Tetschen (K.u.K. Österreichischer Postbezirk) befördert werden konnte. Der Brief wurde von der 1. Armee zensiert.

Einfacher Frankobrief
Beförderung: DRESDEN 17. Juni 1866 7 Uhr morgens über BODENBACH nach TETSCHEN 23.
Juni 1866 in Böhmen.
Beförderungsdauer: 7 Tage, Beförderungsverzögerung infolge Zensur: ca. 5 Tage
Adressat: Madame Therese de Miltitz Dame d´honneure S.M. Reine de Sax auf dem Schloss
Tetschen

Im Anbetracht der kritischen Lage Sachsens war dies sicherlich ihr Zufluchtsort, denn König Johann begab sich am 14. Juni mit seinem Gefolge nach Prag.

Therese von Miltitz wurde am 16. November 1827 in Dresden geboren und ist am 1. Februar 1912 in Schwerin gestorben. Sie war Tochter von Karl Borromäus von Miltitz und seiner Frau Auguste, geb. von Watzdorf.
1845 wurde sie Hofdame der sächsischen Kronprinzessin Amalie, deren Oberhofmeisterin ihre Mutter gewesen war.
Sie war musikalisch und literarisch interessiert. So beschäftigte sie sich intensiv mit Notker, dem Übersetzer und Psalmenkommentator (um 950 bis 1022) von St. Gallen. Schon früh engagierte sie sich für die Altkatholiken, doch verstärkte sie das besonders, nachdem sie Ende der siebziger Jahre nach Bonn gezogen war. Außerdem engagierte sie sich für die Bildung altkatholischer Frauenvereine. Der Frauenverein in Karlsruhe wurde auf ihre Anregung hin gegründet. Ende der 1880er Jahre gründete sie einen „Missionsfonds zur Ausbildung altkatholischer Krankenpflegerinnen für erkrankte Altkatholiken in der Diaspora“.

Grenz-Zollamt Bodenbach mit der Eisenbahnlinie Dresden-Bodenbach und dem auf der anderen Seite der Elbe liegenden Schloss Tetschen.

Infolge der kriegsbedingten Eisenbahnunterbrechung der Bahnlinie Löbau-Zittau vom 15.Juni bis 16. September 1866 konnte der Brief nicht über diese Bahnlinie befördert worden sein. Normalerweise war Ober-Oderwitz der Umkartierungsort für Seifhennersdorf an dieser Bahnlinie.

Durch die erfolgte Zensur und Bahnlinienunterbrechung Leipzig-Dresden, betrug die Beförderungszeit dieses Briefs = 10 Tage. Der Brief wurde von der Elb-Armee aus dem Zug beschlagnahmt und zensiert.

Einfacher Frankobrief
Beförderung: KIERITZSCH 17. Juni 1866 nach SEIFHENNERSDORF bei Zittau. Ohne die Kriegsereignisse wäre dieser Brief normalerweise mit den Bahnposten Leipzig-Hof bis Leipzig, Leipzig-Dresden bis Dresden, Dresden-Görlitz bis Löbau und Löbau-Zittau bis Ober-Oderwitz befördert worden, was in der Regel 2 Tage benötigte. Porto: 2ter Entfernungsrayon = 1 Ngr.,
Gewicht < 1 Loth
Beförderungszeit: 10 Tage
Kopie der Rückseite mit dem Zensur-Klebezettel und dem Ankunftsstempel in Seifhennersdorf.

Auch in den Folgemonaten der Preußischen Besetzung Sachsens wurde die Post durch die Preußische-Militärverwaltung kontrolliert, um eine Untergrundtätigkeit mittels der Briefpost zu unterbinden.
Im Juli 1866 wurde auf Briefen in Leipzig – die Stadt war seit dem 19. Juni von Preußen besetzt – ein Zensurstempel eingesetzt.
Zum Zeichen, dass die Post weiterbefördert werden darf, wurde der Brief mit einem Passiert- Stempel versehen. Dieser Stempel soll zum Ausdruck bringen, dass der Brief einen zulässigen Inhalt hat und nicht mehr geöffnet werden muss. Dieser Stempel ersetzt die Zensur-Labels vom Juni 1866. Nach meinen Unterlagen sind bis heute drei Briefe mit diesem Stempel bekannt.
„PASSIRT K. Pr. M.B.“ = „Passirt Königlich Preußische Militär Behörde“, es folgt die früheste mir bekannte Verwendung dieses Zensur-Stempels.
Eine Unterbrechung der Eisenbahnlinie LEIPZIG-HOF ab Juni 1866 bis zum 2. August 1866 zwischen Werdau und Hof wirkte sich für die Beförderung folgenden Briefs nicht aus. Quelle: Horst Milde, Sachsen-Brevier, S. 324
Ab Werdau wurde der Brief vermutlich auf das Fahrende Postamt Nr.3 und in Reichenbach auf das Fahrende Postamt Nr. 5 umspediert.

Einfacher Frankobrief
Beförderung: LEIPZIG 4. Juli 1866 nach Bad ELSTER, an einen Sommergast, der im Haus
Apollo seinen Urlaub verbrachte.

Die Unterbrechung der Eisenbahnlinie DRESDEN-BODENBACH vom 15. Juni bis 1. August 1866.
Quelle: Horst Milde, Sachsen-Brevier, S. 320
Die Sächsischen Bahnlinien Leipzig-Dresden und Dresden-Bodenbach waren angesichts der für Kriegsverhältnisse relativ langen Beförderungsdauer von 4 Tagen offensichtlich nicht in Betrieb. Ob auf der Bahnpost-Strecke Bodenbach bis Wien durch Kriegseinwirkungen größere Beförderungsprobleme auftraten, konnte bislang nicht ermittelt werden.

Brief vom 19. Juni 1866, dem vierten Kriegstag. Dresden war seit dem 18. Juni von preußischen Truppen besetzt. Er unterlag keiner Zensur, weil er nach Westen befördert wurde. Dort befanden sich keine Sächsischen Verbände, deshalb unterblieb eine Zensur.

Im Inhalt schildert der Dresdener Unternehmer Moritz Rossner sehr eindrucksvoll die Zustände im Königreich zu Anfang des Krieges während der Besetzung Sachsens durch Preußen.

Einfacher Franko Brief
Beförderung: Dresden Postexpedition VIII. 19. Juni 1866 auf das Rittergut Würchwitz im
Bestellbezirk von Zeitz
Adressat: Albin Weber Rittergutsbesitzer von Würchewitz
Absender: Moritz Rössner Öl-Dampfmühlenbesitzer in Dresden-Neustadt
Porto: Dresden bis Zeitz = 2ter Entfernungsrayon im Postverein = 2 Ngr.

Transkription des Briefinhalts:
Mein lieber Albin!
Zwei Deiner lieben Briefe habe ich zur schuldigen Beantwortung vor mir, letzterer brachte uns die freudige Nachricht von der glücklichen Entbindung Deiner lieben Frau von einem tüchtigen Stammhalter, wir wünschen Dir von Herzen Glück dazu, möge das frische, fromme, fröhliche Reis an Deinem Stammbaum gedeihen und emporblühen zu Eurem Stolz und Freude, Gott beschütze Mutter und Kind und behüte Euch Ihr lieben Alle vor Unglück und Gefahr!
Für die uns gesandten Blumen und sonstigen Mittheilungen schönsten Dank.
Seit heute Mittag 12 Uhr stehen wir unter Königlich Preußischer Oberhoheit. Gott weiß was daraus wird, wir gehen jedenfalls einer schweren Zeit entgegen. Die Preußen haben das Königl. Schloß, das Prinzen Palais, die Post, das K. S. Haupt-Telegrafenamt, die Brücken, neue und alte, alle Bahnhöfe und Regierungsgebäude, besetzt. Unser König Johann, nebst Gemahlin sind in Prag, die Prinzen bei der Armee, welche Dresden total verlassen hat und sich nach der
Gebirgsgränze über Böhmen zurückzieht, jede Stunde bringt neue, sich aber oft widersprechende Gerüchte, wir haben eine Abtheilung des 7. Armeecorps hier, das 31. und 40. Infanterie- Regiment, Königs-Husaren – Garnison Bonn/a.R. und Ulanen nebst nöthigem Artillerie Park, welcher in und um den großen Garten liegt, die Truppen werden durch Preußen mit 10 pro Kopf Entschädigung bei den Bürgern einquartiert .Die Eisenbahnbrücken bei Riesa und Löbau sowie
die alte Elbbrücke bei Meißen haben die Sachsen bei ihrem Abzug gesprengt. Die Dampfschifffahrten nach allen Richtungen sind eingestellt und liegen in Bodenbach a. S., die Staats-Casse und Depositen-Gelder sind in Augsburg niedergelegt, die Kostbarkeiten aus dem Grünen Gewölbe, der Gemäldegalerie, der Rüstkammer, Sächs. Silberkammer und Japanischem Palais in Prag!
Herzliche Grüße an Dich sowie an Deine liebe Frau samt werther Familie von meiner braven Frau und mir, Dein Dich aufrichtig liebender Schwager Moritz Roßner
N. S. Mit der guten Selma geht es immer die alte Leier, es ist schrecklich aber wahr!
Der Nebige

Produkte des Absender:

Zum Adressaten:
Würchwitz gehört zur Stadt Zeitz, Burgenlandkreis, Sachsen-Anhalt.

Als Teil des Hochstifts Naumburg, das 1564 kursächsisches Nebenland wurde und 1657–1718 als Herzogtum Sachsen-Zeitz nochmals Eigenständigkeit erlangte, zählte Würchwitz zum Amt Zeitz. 1815 kam es mit dem größeren Teil des Amtes an Preußen und gehörte dort 1816–1945 zur Provinz Sachsen.
Rittergut

Rittergut Würchwitz im heutigen Zustand

In Würchwitz bestand 1669 ein Rittergut, als dessen Besitzer 1712 und 1742/43 Dietrich Wilhelm von Wendessen erscheint. 1769 verkaufte Georg Gottlieb Tischer das Rittergut an den Landwirtschaftsreformer Johann Christian Schubart, der hier seine wegweisenden Versuche zum Anbau von Futterklee durchführte, für die er 1784 mit dem Namenszusatz Edler von Kleefeld in den Adelsstand erhoben wurde. Um 1827 verkauften seine Nachfahren das Gut an Karl Friedrich von Römer, der es 1837 an Johann Friedrich Weber abgab. Dessen Familie besaß das Gut noch 1929, während bei der Enteignung im Zuge der Bodenreform 1947 ein Herr Seltmann als Eigentümer genannt wird.

Durch die Beschlüsse des Wiener Kongresses kamen die sieben Orte Würchwitz, Podebuls, Bockwitz, Lobas, Loitsch, Sabissa und Stockhausen mit dem Amt Zeitz und die bisher zum Amt Borna gehörige Exklave Suxdorf im Jahr 1815 zu Preußen. Sie wurden 1816 dem Kreis Zeitz[7] im Regierungsbezirk Merseburg der Provinz Sachsen zugeteilt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Rittergut Würchwitz mit den Gemeinden Würchwitz und Podebuls zur
Gemeinde Würchwitz-Podebuls vereinigt.

Störungen beim Sächsischen Telegraphenbetrieb

Bis 5. Juli 1866 wurden folgende Telegraphenstationen durch preußische Truppen besetzt und außer Betrieb gesetzt: Dresden, Leipzig, Weimar, Altenburg, Riesa, Grossenhain, Meissen, Bautzen, Löbau, Zittau, Freiberg.
In Chemnitz und Oederan war der Betrieb wegen Zerstörung der Leitung auch unterbrochen.
Plauen, Bad Elster und Reichenbach haben während des Kriegs den Telegraphen-Betrieb mit Bayern und Österreich aufrecht erhalten.
Quelle: Archiv für Post und Telegraphie des Reichs-Postamtes Berlin, Juli 1903, Sächsische Postverordnung Nr. 2735
Aus diesem Grund musste die Beförderung dieses Telegramms Nr. 2383 ab der Empfangsstation LEIPZIG nach DRESDEN durch die Postverwaltung als Portobrief gegen die üblichen Briefportogebühren erfolgen. Dies wurde durch Streichung „Franko gegen Empfangsschein“ gekennzeichnet und durch „Post“ ersetzt. Am 29. Juli war der Telegraphenbetrieb bis Leipzig offensichtlich schon wieder aufgenommen worden.

Telegramm als einfacher Portobrief zugestellt
Beförderung: Briefaufgabe bei der Postexpedition Nr. 1 LEIPZIG 29. Juli 1866
Porto: Leipzig-Dresden = 1 Ngr. wurde vom Empfänger bezahlt.

Zustellverzögerung des Briefs aus Dresden nach Rosswein infolge Sperrung der Eisenbahnlinie Dresden-Leipzig durch die Zerstörung der Eisenbahnbrücke bei Riesa über die Elbe. Die Beförderung erfolgte nicht mit der Eisenbahn.

Einfacher Frankobrief
Beförderung: DRESDEN- Postexpedition VIII (Bautzener-Straße 25b) 27. Juni 1866 nach
BÖHRINGEN im Bestellbezirk von Rosswein 28. Juni 1866, mit der Bahnpost Dresden-Leipzig
bis Wurzen 27. Juni weiter über Leissnig 28. Juni, Döbeln 28. Juni bis Rosswein Ausgabe-
Stempel 28. Juni.
Porto: 1ter Entfernungsrayon = ½ Ngr. , Gewicht < 1 Loth
Beförderungszeit: 2 Tage, normalerweise wäre der Brief nur 1 Tag unterwegs gewesen

Beförderungsweg des Briefs DRESDEN nach ROSSWEIN

Brief-Umleitung: Verzögerung der Briefbeförderung und Wahl eines unüblichen Speditionswegs über Österreich infolge Unterbrechung der Eisenbahnlinie Reichenbach-Riesa und Leipzig-Hof.

Einfacher Frankobrief
Beförderung: BUCHOLZ-ANNABERG 25. Juni 1866 über Oberwiesental, Karlsbad 26. Juni, Eger Juni, HOF 27. Juni 1866, Porto: 2ter Entfernungsrayon im Postverein = 2 Ngr.
Beförderungszeit: 3 Tage

Beförderungsweg des Briefs über Österreich

So wäre der Brief normalerweise spediert worden: Mit den Bahnposten Annaberg-Chemnitz, Riesa-Reichenbach und Leipzig Hof.

Brief mit deutlich längerer Laufzeit infolge Unterbrechung von Eisenbahnlinien Leipzig-Dresden mit der zerstörten Eisenbahnrücke Riesa über die Elbe und der Unterbrechung der Bahnlinie Leipzig Hof ab Werdau.

Einfacher rekommandierter Frankobrief
Beförderung: BRESLAU 20. Juni 1866 (Preußen) im Transit über Sachsen nach NÜRNBERG 26. Juni 1866 (Bayern)
Porto: Rekommandation = 2 Sgr. +
Briefporto 3ter Entfernungsrayon im Postverein = 3 Sgr.
Franko Absender = 5 Sgr.
Beförderungszeit: BRESLAU im Transit über Sachsen nach NÜRNBERG betrug 7 Tage, normalerweise dauert diese Beförderung Breslau-Nürnberg 2 maximal 3 Tage.
Auf welchem Weg die abweichende Beförderung erfolgte sagt uns der Brief nicht mehr.

Beförderungsunterbrechung: Infolge des Preußisch-Deutschen Krieges nicht weiter beförderter Brief. Leipzig war seit dem 19. Juni 1866 von Preußischen Truppen besetzt.

Sachsen war seit Ende Juni vollständig von Preußischen Truppen besetzt. Ob der Brief jemals seinem Adressaten zugestellt wurde ich nicht nachvollziehbar.

Postlagernder Brief, der vom Adressaten nicht abgefordert wurde:
Vermutlich war zu Kriegsbeginn ein Kgl. Sächsisches Truppen-Commando im verbündeten südlichen Bayern stationiert, das bei Eintreffen des Briefs zum Kriegs-Einsatz weiter nach Österreich verlegt wurde, wodurch der Brief beim Postamt nicht abgeholt wurde.

Einfacher Frankobrief „poste restante“
Beförderung: BAUTZEN 11. Aug. 1866 mit der Bahnpost DRESDEN-GÖRLITZ und LEIPZIGHOF
nach MÜNCHEN 13. Aug. 1866
Adressat: Dr. W. Braune, Arzt bei dem Königlich Sächsischen Commandostab.
Porto: 3.Entfernungs-Rayon im Postverein = 3 Ngr.

Brief-Umleitung: während des Preußisch-Deutschen Kriegs von 1866, war der Beförderungsweg im Transit durch das süd-östliche nach Böhmen infolge der Schlacht bei Königgrätz (3. Juli 1866) gesperrt. Dadurch nahm der folgende Brief eine außergewöhnliche Postroute. Dies dokumentiert die Leistungsfähigkeit des damaligen Postwesens.

Einfacher Frankobrief in den Postverein
Beförderungsweg: DÖBELN 18. Juli 1866 über LEIPZIG mit der Bahnpost LEIPZIG-BERLIN (Bahnbrücken bei Riesa waren zerstört, sodass die Strecke DÖBELN bis RIESA auf der Strecke CHEMNITZ-RIESA nicht befahren werden konnte), BERLIN ANHALTER Bahnhof 19. Juli 1866, mit der Bahnpost FRANKFURT Oder – KOHLFURT – LIEGNITZ – FRANKENSTEIN, GLATZ 20. Juli 1866 (Schlesien Preußischer Postbezirk).
Beförderungsdauer: 3 Tage (in Folge des Umweges)
Gewicht: < 1 Lot Entfernung: > 20 Meilen im Postverein = 3. Rayon
Frankoberechnung: Postvereinsgebühr bis zum Bestimmungsort bezahlt = 3 Ngr.

Beförderungsweg des Briefes

Aus der gezeigten Karte über den Aufmarschplan der Preußischen und Österreichisch-Sächsischen Armeen geht hervor, dass das östliche Sachsen und das östliche Böhmen Kampfgebiet waren. Glatz lag praktisch am Rande des Kriegsgebietes. Die Post konnte nicht wie sonst im direkten Weg durch Böhmen befördert werden.
Quelle: Zwei Jahrzehnte Feld- und Militärpost der Kgl.-Sächsischen Postverwaltung in der Zeit von 1848 bis 1866, Horst Knapp (1982)

Verwendung des Postscheins am ersten Tag der Veröffentlichung der Postverordnung Nr. 2657:
Post-Schein über die Einlieferung eines doppelten rekommandierten Franko-Briefs von LEIPZIG 22. Juni 1866 nach CREFELD (Preußen)

In der folgenden Post-Verordnung Nr. 2657 vom 22. Juni, 7 Tage nach Kriegsausbruch, wurde zur Ablehnung der Gewährleistung von Postsendungen in folge Kriegsauswirkungen Stellung genommen.
Um dieser Tatsache gerecht zu werden wurde ein Stempel „Ohne Gewähr bei Kriegsgefahr“ verwendet. Dieser wurde vermutlich hauptsächlich bei Postsendungen verwendet, bei der die Post normaler Weise eine Verlustgarantie abgeben musste.

Kriegsbedingte Umleitungen eines Briefs durch Unterbrechung eines Eisenbahn-Cours.
Der Krieg 1866 wirkte sich innerhalb Sachsens auch auf die mit der Bahnpost zu befördernden Briefe aus.

Einfacher Frankobrief
Infolge der Unterbrechung des Eisenbahn-Cours REICHENBACH-RIESA vom 25. Juli 1866 bis Aug. 1866 wurde der Cours des Fahrenden Postamts Nr.7 von ANNABERG nach CHEMNITZ bis nach Waldheim verlängert (ab 15. Aug. 1866) und ab dem 21. Sept. 1866 täglich einmal nach GLAUCHAU umgeleitet. Quelle: Sachsen-Brevier, Horst Mild, S. 318
Beförderung: von WALDHEIM nach ERLA im Bestellbezirk von SCHWARZENBERG vom 17.
Aug. 1866 mit dem Bahnpoststempel ANNABERG-CHEMNITZ Z 4 17/VIII und dem handschriftlichen Übernahmevermerk „WALDHEIM“ stellt einen außerordentlich seltenen Beleg für diesen Vorgang dar.
Der Brief wurde durch das Fahrende Postamt Nr. 7 auf der Strecke REICHENBACH-RIESA von WALDHEIM bis ZWICKAU und von dort durch die Obererzgebirgische Eisenbahn auf der Strecke ZWICKAU-SCHWARZENBERG befördert.

Kriegsbedingte Verzögerung der Beförderung in das Kriegsgebiet um Königgrätz. Die Bahnpost war in diesem Gebiet offensichtlich auch unterbrochen.

Zum Zeitpunkt der Briefbeförderung war die Eisenbahnverbindung Dresden-Görlitz, Löbau-Zittau und Reichenbach bis Josephsstadt vollständig gebaut.

Einfacher Frankobrief
Beförderung: DRESDEN 11. August 1866 über ZITTAU, REICHENBERG 12. Aug. HORZITZ nach JOSEPHSSTADT 16. August 1866
Beförderungsdauer: 6 Tage, normalerweise wäre die Beförderungszeit = 2 Tage

Beförderungsstrecke ab Zittau nicht über die Bahnlinie Zittau bis Josefstadt sondern auf dem Postkurs über die Straße.

Karte mit zur Beförderungszeit vollständig fertiggestellten Eisenbahnverbindung DRESDENLÖBAU- ZITTAU-REICHENBERG-HÖRZITZ-JOSEFSSTADT, die im August 1866 offensichtlich unterbrochen war.

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Neuer Internetauftritt der FG

Seit dem 1. Januar 2025 wurde der aktuelle Stand der neuen Homepage der Forschungsgemeinschaft Sachsen e. V. (FG) eingestellt.

Die neue Homepage soll vor allem folgenden Sammlerkreis ansprechen:

  • Die Mitglieder der FG insbesondere hinsichtlich aktueller Informationen zu den Tagungen, Ausstellungen, Messen oder zukünftigen oder in Arbeit befindlichen Themen
  • Nichtmitglieder der FG bezüglich unseres Sammelgebietes oder der Rundbriefe, mit dem Ziel, das Interesse zur Mitgliedschaft zu wecken
  • Spezialisten auch anderer Sammelgebiete, indem beispielsweise bei den Beiträgen auch die Quellen zur Sachsenphilatelie angegeben werden.

Die fünf Hauptmenüs sind selbsterklärend und sind durch Anklicken aufrufbar. Auf das Menü „login“ können nur die FG-Mitglieder mit Passwort zugreifen. Bezüglich des Zugangs und des Inhalts werden die Mitglieder gesondert informiert.

Eingangs werden die Nutzer über:

  • künftige Treffen
  • Veröffentlichungen
  • neu eingestellte Beiträge informiert.

Unter diesen Hinweisen folgen die Sammelgebiete, mit denen sich die Mitglieder der Forschungsgemeinschaft im Wesentlichen beschäftigen. Diese Themen wurden nach der Interessenlage von neu zu gewinnenden Mitgliedern bezüglich der Reihenfolge ausgerichtet, das heißt, Anfangs die Markensammler, dann die Stempelsammler bis hin zu den Heimat- und Feldpostsammlern.

Zu diesen Themen wird jeweils eine Kurzbeschreibung geliefert. Am Anfang der Beschreibung wird ein Ansprechpartner mit der Mailadresse für Anfragen bezüglich des Themas genannt.

In einer weiteren Rubrik werden Einzelbeiträge für alle Nutzer vorgestellt, auf deren Grundlage eine Diskussion zwischen den Nutzern angeregt werden soll. Am Ende des Beitrags können die Leser einen Kommentar zum Inhalt des Beitrags abgeben.

Ein Archiv über alle bisher eingestellten Beiträge soll erstellt werden.

Auf dem Computer können die Beiträge auf der rechten Seite aufgerufen werden, im Handy am Ende der Sammelgebietsthemen.

Der weitere Ausbau des Informationsgehaltes ist vorgesehen.

Eine gute Homepage kann nur mit Unterstützung der Nutzer entstehen. Deshalb bitten wir, sich mit Hinweisen zur Verbesserung oder auch Kritiken nicht zurückzuhalten.

Der Vorstand

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Der Vierte Koalitionskrieg 1806 / 1807 – Auswirkungen auf das sächsische Postgebiet

von Stefan KolditzVSP / Gelenau

Bei der Eingrenzung des sächsischen Postgebietes gehen die Sammler in der Regel vom sächsischen Territorium nach dem Wiener Kongress im Jahre 1815 aus. Dieses Gebiet deckt sich mit wenigen Abänderungen mit dem Freistaat Sachsen von heute. Von den Staatsgebieten der Albertinischen Linie nach der Leipziger Teilung 1485 ist wenig übriggeblieben. Aber auch die später entfallenen Gebiete stellten zeitraumbezogen sächsische Postgebiete dar. Wesentliche Gründe für die Gebietsverluste waren kriegerische Auseinandersetzungen, bei denen Sachsen auf der falschen Seite kämpfte.

In der Alten Sachsenpost (Asapo) von Milde / Schmidt wird ab Seite 168 eine „Chronik und Stempel der sächsischen Postanstalten“ aufgeführt. Ausgangspunkt dabei war allerdings, dass die Postorte einen Stempel führten.

Im Sachsen-Brevier von Horst Milde dominieren wiederum die Stempel, obwohl in der Unterüberschrift „Poststationskatalog 1600 – 1867“ steht. Zusätzlich zur Asapo wurde Cottbus und Rosla aufgenommen. Da zwischenzeitlich weitere Postmeisterstempel, wie Wittenberg, Langensalza (Abb. 1, Stempel weiterverwendet von der preußischen Post) oder der Schreibschriftstempel Wolkenstein bekannt wurden, sollten die „Stempelsammler“ über eine Ergänzung des Breviers nachdenken.

Abb. 1: Preußischer Postschein mit weiterverwendetem sächsischen Postmeisterstempel von Langensalza vom 14. Oktober 1820

Das Sachsen-Brevier ist als gesamtsächsischer Poststationskatalog nicht zu verwenden, da fast alle ehemaligen Postorte aus der Zeit von 1600 bis zum Wiener Kongress 1815 fehlen. Im Stationskatalog von Feuser / Münzberg sind die ehemaligen Postorte mit Hinweis auf die sächsische Zeit mit aufgeführt, aber auch nicht alle.

1. Staatsgebiet der Wettinischen Lande

Als Ausgangspunkt der Betrachtungen wurde das Staatsgebiet Anfang des 19. Jahrhunderts gewählt. Sich davor vollzogene kleinere Gebietsveränderungen können anhand von Belegen kaum nachgewiesen werden. Bei den behandelten Sachverhalten werden allerdings auch Belege aus dem 18. Jahrhundert mit berücksichtigt, um die königlich kurfürstliche oder die kurfürstliche Zeit zu belegen.

Nachfolgend ist eine Karte des Kurfürstentum Sachsen vom Jahre 1813 (Abb. 2) mit allen auch davor vollzogenen Veränderungen abgebildet.

Abb. 2: F. W. Putzger: Historischer Schul-Atlas (44. Ausgabe, 1925)

Die ab 1800 vollzogenen Gebietsverluste (rot) und Gebietsgewinne (grün) sowie Postanstalten auf fremden Territorien (blau) sind hinsichtlich der Lage entsprechend gekennzeichnet.

  •   1      1802/1803 Verlust der Gebiete Nordhausen, Mühlhausen und Eichsfeld
  •   2      1807 Zugewinn Enklave Cottbus und Peitz
  •   3      1807 Postanstalten auf preußischem Besitz (Crossen und Züllichau)
  •   4      1808 Verlust Grafschaft Barby
  •   5      1808 Verlust Gebiet um Eisleben

Zu den einzelnen Veränderungen werden nachfolgend wesentliche Ursachen und Verträge erörtert und beispielhaft dazu Belege gezeigt. Anhand der Briefe lässt sich die Veränderung nicht belegen, da dort in der Regel keine Herkunftsstaaten vermerkt sind. Deshalb sind hierzu Postscheine oder sonstige staatliche Dokumente heranzuziehen.

Veränderung 1802 / 1803

Erste Veränderungen ergaben sich Anfang des 19. Jahrhunderts für Sachsen in den Jahren 1802 / 1803 durch den Frieden von Lunville. Im folgenden Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 verlor Sachsen unter anderem die Gebiete Nordhausen, Mühlhausen, Querfurt und das Eichsfeld (§ 3 des Reichsdeputationshauptschluss).

Diese Veränderung hatte zur Folge, dass die kurfürstlich sächsischen Postanstalten nunmehr von der preußischen Post übernommen wurden.

Ein Postschein vom 1. August 1781 zu einem Paket mit Dokumenten von Nordhausen (Abb. 3) belegt die Zugehörigkeit zu Sachsen vor der Übernahme durch Preußen.

Abb. 3: Postschein von Nordhausen aus kurfürstlich sächsischer Zeit vom 1. August 1781

Der nachfolgende Postschein vom 14. Juni 1785 zu einem Wertbrief (Abb. 4) wurde in sächsischer Zeit in Querfurt ausgestellt.

Abb. 4: Postschein von Querfurt aus kurfürstlich sächsischer Zeit vom 14. Juni 1785

2. Der Vierte Koalitionskrieg 1806 / 1807

Der Vierte Koalitionskrieg oder auch Feldzug gegen Preußen fand in den Jahren 1806 und 1807 zwischen Frankreich und den mit ihm verbundenen Staaten, wie den Mitgliedern des Rheinbundes auf der einen Seite, und im Wesentlichen Preußen und Russland auf der anderen Seite statt. Sachsen kämpfte auf der Seite Preußens. Der alte preußische Staat brach nach der Schlacht von Jena und Auerstädt im Oktober 1806 zusammen. Der Friedensvertrag von Posen wurde am 11. Dezember 1806 unterzeichnet. Der Vertrag beendete den Krieg zwischen Frankreich und dem mit Preußen verbündeten Kurfürstentum Sachsen während des Vierten Koalitionskrieges.

Die Hauptlast des Krieges lag nunmehr bei Russland. Nach der entscheidenden Niederlage gegen Napoleon in der Schlacht bei Friedland in Ostpreußen am 14. Juni 1807 beendete der Friede von Tilsit den Vierten Koalitionskrieg.

Der russisch-französische Friedensschluss vom 7. Juli 1807 teilte Europa in eine russische und französische Interessenssphäre ein. Der preußisch-französische Vertrag vom 9. Juli 1807 (Diktatfrieden) stufte Preußen auf eine europäische Mittelmacht herab. Preußen verlor dabei fast die Hälfte seines Territoriums. Napoleon befand sich hingegen auf dem Höhepunkt seiner Macht. Die Karte in Abb. 5 zeigt das Preußen nach dem Frieden von Tilsit 1807 verbleibende Gebiet, in der Karte braun eingezeichnet. Die verlorenen preußischen Gebiete sind hingegen blau eingezeichnet. Zu den östlichen Gebieten ist zu bemerken, dass diese von Preußen Ende des 18. Jahrhunderts annektiert wurden.

Abb. 5: Teilkarte von Europa im Ergebnis des Friedens von Tilsit (wikipedia.org: Frieden von Tilsit)

2.1 Friedensvertrag von Posen vom 11. Dezember 1806

Sachsen wurde der Friedensvertrag von Posen aufdiktiert. Sachsen musste dem Rheinbund beitreten. Im Gegenzug wurde Sachsen zum Königreich erhoben.

Nachfolgend die diesbezüglichen Artikel des Vertrages:

„Artikel 1

Von der Unterzeichnung gegenwärtigen Friedensschlusses an soll Friede und vollkommene Freundschaft zwischen Sr. Majestät dem Kaiser der Franzosen, König von Italien und dem rheinischen Bunde einer, und Sr. kurfürstl. Durchlaucht von Sachsen anderer Seits seyn.

Artikel 2

Se. kurfürstliche Durchlaucht von Sachsen treten dem am 12. Julius dieses Jahres zu Paris abgeschlossenen Konföderations- und Allianztraktate bei, und erhalten durch diesen Beitritt alle Rechte und alle Verbindlichkeiten des Bündnisses, als wenn dieselben Haupt-Mitkontrahent des besagten Vertrags gewesen wären.

Artikel 3

Se. kurfürstliche Durchlaucht nehmen den Titel: König an, und haben im Kollegium und im Range der Könige den Sitz nach der Ordnung der Einführung desselben.“

Die ersten drei Artikel des Vertrages konnten ohne Folgevereinbarungen vollzogen werden, da damit keine Territorialveränderungen im Zusammenhang standen. Aus dem bisherigen Kurfürstentum Sachsen wurde nunmehr das Königreich Sachsen.

Veränderung der Behördenbezeichnung

Die vor der Veränderung mit „Churfürstlich Sächsisch“ unterschriebenen Postscheine wurden aus Sparsamkeitsgründen weiterverwendet und das „Churfürstlich“ wurde abgeändert in „Königlich“.

Abb. 6: Postschein von Naumburg vom 24. Februar 1807 mit geänderter Unterschrift

Beim Postschein von Naumburg vom 24. Februar 1807 (Abb. 6) wurde in der gedruckten Scheinunterschrift das „Churfürstlich“ gestrichen und mit „Königlich“ überschrieben. Die noch vorrätigen Scheine wurden aufgebraucht. Inwieweit unabhängig davon zu dieser Zeit bereits mit „Königlich Sächsisch“ gedruckte Scheine vorlagen, kann nicht belegt werden. Vor dem Druck neuer Scheine hat das Oberpostamt Leipzig die noch vorrätigen Postscheine ja auch noch ausgegeben.

Spätestens Mitte 1807 wurden Postscheine mit „Königlich“ an die Postanstalten ausgeliefert, was der Postschein von Marienberg vom 29. Juni 1807 nach Freiberg (Abb. 7) belegt.

Abb. 7: Postschein von Marienberg vom 29. Juni 1807 mit der neuen Behördenbezeichnung

Es liegt allerdings auch noch ein „Churfürstlich Sächsischer“ Schein vor, welcher erst 1810 in Zschopau verwendet wurde. Bei geringem Bedarf kam dies durchaus vor.

Im Friedensvertrag von Posen wurden weitere Vereinbarungen auf militärischem Gebiet oder bezüglich der Gleichstellung des lutherischen und katholischen Glaubens getroffen, welche für die Post keine Rolle spielten.

2.2 Friedensvertrag von Tilsit

Der russisch-französische Friedensvertrag wurde noch unter gleichberechtigten Partnern geschlossen. Frankreich konnte Russland zu dieser Zeit nicht als Gegner gebrauchen. Anders verhielt es sich beim Diktatfrieden mit Preußen.

Gebietsgewinn Herrschaften Cottbus und Peitz

Bereits im Friedensvertrag von Posen wurden Festlegungen zu Gebietsveränderungen getroffen.

„Artikel 6

Se. Majestät der Kaiser der Franzosen, König von Italien machen sich anheischich, dem Könige von Sachsen im künftigen Friedensvertrage mit Preussen den Kottbusser Kreis abtreten zu lassen.

Artikel 7

Se. Majestät der König von Sachsen treten dem Fürsten, welche Se. Majestät der Kaiser noch ernennen werden, in dem Theile von Thüringen zwischen den Fürstenthümern Eichsfeld und Erfurt ein Gebiet ab, welches an Bevölkerung und sonstigen Verhältnissen jenem des Kottbusser Kreises gleich ist. Dieses Gebiet soll dazu dienen, die genannten Fürstenthümer zu verbinden, und von dem zu bezeichnenden Fürsten mit vollem Eigenthum und mit vollkommener Souverainität besessen werden. Die Gränzen dieses Gebiets sollen durch von beiden Seiten ernannte Kommissarien gleich nach Auswechslung der Ratifikationen festgesetzt werden.“

Nähere Einzelheiten dazu wurden mit dem Friedensvertrag von Tilsit vom 9. Juli 1807 zwischen Frankreich und Preußen geregelt. Die Artikel aus dem Vertrag werden in Kopie beim betreffenden Sachverhalt abgebildet.

In Folge von Gebietsaustauschen wurde Cottbusser Kreis mit den Postanstalten Cottbus und Peitz Sachsen zugeschlagen. Die formelle Übergabe fand am 20. September 1807 in Berlin statt.

Der in Cottbus bereits zu preußischer Zeit verwendete Langstempel wurde in sächsischer Zeit weiterverwendet.

Der nebenstehende Brief vom 14. Juni 1801 (Abb. 8) wurde in Berlin aufgegeben und über Cottbus nach Herrnhut befördert. Wenn man die damalige Postorganisation betrachtet, ergibt sich jedoch die Frage, welche ursprüngliche Bedeutung dieser Stempel hatte, welcher bereits 1800, im Gegensatz zu den großen preußischen Städten (1817), viel früher eingeführt wurde.

Abb. 8: Portobrief von Berlin über das preußische Postamt in Cottbus nach Herrnhut vom 14. Juni 1801

In Cottbus erfolgte der Postaustausch der von Norden von Preußen nach dem östlichen Teil Sachsens gehenden Post. Die preußischen Postkurse endeten in Cottbus.

Ab Cottbus verkehrten ausschließlich kursächsische Kurse weiter nach sächsischen Postanstalten. Demnach bezog Preußen das Porto bis Cottbus und Sachsen das weitergehende Porto innersächsisch.

Ob es sich beim Stempel Cottbus um einen preußischen Verrechnungsstempel mit Sachsen, um einen preußischen Briefaufgabestempel (verwendet auch bei Transitbriefen über Cottbus) oder um einen seitens der sächsischen Post bei Postübernahme von Preußen oder ab 1807 als Briefaufgabestempel innersächsisch handelt, könnten nur Briefe direkt von Cottbus nach Preußen mit diesem Stempel vor 1807 belegen. Innersächsische Briefe mit dem Cottbus-Stempel als Aufgabestempel liegen zumindest vor. Eine Beurteilung setzt allerdings voraus, dass es sich dabei nicht um eine Briefhülle ohne Datum und Absendeort handelt (vgl. FG Sachsen, RB 24, S. 20). In einer Aufstellung der sächsischen Postorte von 1773 wurde Cottbus auch aufgeführt. Eine sächsische Posthalterei wird sich dort zumindest befunden haben.

Wichtig bei der Meldung von Belegen ist, dass diese Briefe tatsächlich mit vollständigem Inhalt übermittelt werden, denn eine Dienstbriefhülle mit dem Stempel hilft hier nicht weiter.

Nach der Angliederung des Cottbusser Kreises änderte sich hinsichtlich der Postkurse von Preußen bis Cottbus nichts. Der Postaustausch und der Abschlag des Stempels erfolgten weiter.

Abb. 9: Portobrief von Hamburg über Berlin und Cottbus nach Herrnhut vom 8. November 1809

Der Brief von Hamburg über Berlin und Cottbus nach Herrnhut vom 8. November 1809 (Abb. 9) belegt die Weiterverwendung des bisherigen Stempels in sächsischer Zeit. Für den Brief von Berlin standen der preußischen Post bis Cottbus 11/2 Groschen und von Hamburg bis Cottbus gesamt 4 Groschen zu. Das Porto von Cottbus bis Herrnhut mit 21/2 Groschen stand Sachsen allein zu. Zur genauen Portoberechnung vgl. Portohandbuch Sachsen, Band 1, Seite 12.

In der Asapo ist auf Seite 406 bezüglich Peitz vermerkt, dass der Ort erst durch Sachsen eine Post erhielt. Die Aussage im Stationskatalog von Feuser / Münzberg mit „Preußische Postanstalt, g. 1710 PW; 1796 PA; 1807 an Sachsen; sächs. Postanstalt, g: 1809“ hilft zur Aufklärung auch nicht viel weiter.

Abgabe von sächsischen Gebieten an das Königreich Westphalen

In der Literatur wird als Jahr der Abgabe von sächsischen Gebieten an das Königreich Westphalen meist 1806 angegeben.

In der Alten Sachsenpost von Milde / Schmidt 1973 steht dazu „Barby, Eisleben, Mansfeld und Wanfried gelangten 1806 zum neu gegründeten Königreich Westphalen.“

Diese Aussage dürfte aufgrund der wesentlich später abgeschlossenen Verträge und auch anhand von Postscheinen so nicht stimmen. Das Königreich Westphalen war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gegründet.

Auch Postscheine belegen die spätere Übertragung.

Anhand der vertraglichen Vereinbarungen fand die Übertragung wesentlich später statt.

Im Friedensvertrag von Tilsit wird im Artikel 8 die Gründung des Königreichs Westphalen festgeschrieben.

In der Verfassung des Königreichs vom 15. November 1807 sind als Gründungsmitglieder keine sächsischen Herzogtümer aufgeführt. Lediglich bereits im Jahre 1803 verlorene sächsische Gebiete gehörten dazu.

Abb. 10: Postschein von Eisleben vom 6. Februar 1785 aus der kurfürstlichen Zeit

Der Postschein vom 6. Februar 1785 (Abb. 10) dokumentiert die Zugehörigkeit von Eisleben in kurfürstlicher Zeit. Der Schein vom 25. März 1807 (Abb. 11) zeigt, dass noch im Jahre 1807 die Königlich Sächsische Post in Eisleben betrieben wurde.

Abb. 11: Königlich sächsischer Postschein vom 25. März 1807 verwendet in Eisleben

Bei wikipedia ist bei den Departements des Königreichs Westphalen als Übernahmejahr 1808 aufgeführt:

„Den ersten Zuwachs erhielt Westphalen durch eine sächsische Abtretung im Traktat vom 19. März 1808. Die Grafschaft Barby, das Amt Gommern und den größten Teilen des sächsischen Anteils der Grafschaft Mansfeld (ohne Artern, Voigtstedt und Bornstedt) sowie dem sächsischen Teil der Ganerbschaft Treffurt und der Vogtei Dorla (zusammen etwa 30.000 Einwohner). Durch Decret vom 27. März 1808 wurde das abgetretene Mansfeld mit dem Departement der Saale, Barby und Gommern mit dem Departement der Elbe verbunden.“

Damit dürfte der Verlust der Gebiete im Jahre 1808 vollzogen sein. Das zugehörige Dokument vom 19. März 1808 habe ich allerdings nicht gefunden, um hieraus weitere Nachweise abzubilden. Dass beispielsweise Barby einmal zu Sachsen gehörte, kann anhand von Postscheinen belegt werden. Der Postschein vom 7. Dezember 1755 von Barby (Abb. 12) wurde über Brandkassengelder nach Dresden ausgestellt. Brandkassengelder waren nur von sächsischen Orten abzuführen, deshalb die territoriale Zugehörigkeit zum Kurfürstentum. Allein die Verwendung eines sächsischen Postscheins würde nicht ausreichen, da Sachsen auch Postanstalten außerhalb seines Territoriums unterhielt und dort auch die sächsischen Postscheine verwendete.

Abb. 12: Sächsischer Postschein aus der königlich kurfürstlichen Zeit verwendet in Barby am 7. Dezember 1755

Sächsische Postanstalten auf preußischem Gebiet

Kaiser Napoleon errichtete über die Verträge von Tilsit das Herzogtum Warschau als polnischen Satellitenstaat im Abhängigkeitsverhältnis zu Sachsen (Artikel 15). Sachsen regierte das Herzogtum in Personalunion.

Da zwischen Sachsen und dem Herzogtum Warschau preußisches Territorium lag, wurde gleichzeitig die Verbindung der beiden Gebiete über eine Heerstraße festgelegt (Artikel 16).  Diese Straße verlief von Sachsen über die preußischen Orte Crossen und Züllichau nach Posen und Warschau (vgl. Kartenausschnitt in Abb. 13). Dass Artikel 16 zunächst rein militärische Zwecke hatte, geht bereits aus der Formulierung hervor.

Abb. 13: Karte der Territorien nach dem Tilsiter Frieden; Heerstraße

Abb. 14: Postschein verwendet auf preußischem Territorium in Crossen am 25. Februar 1809

Hinsichtlich der Post hatte die Heerstraße durch preußisches Staatsgebiet allerdings auch Folgen. So entstand in Crossen und Züllichau eine sächsische Postanstalt mit Pferdewechselstation auf preußischen Territorium. Ob dies bereits 1807 oder erst 1808 erfolgte, ist nicht bekannt. Das Exemplar des Königlich Sächsischen Hof- und Staatskalenders 1808, was darüber Auskunft geben könnte, ist nicht bekannt. Auch im Stationskatalog von Feuser / Münzberg sind die beiden Postanstalten als sächsisch nicht erwähnt.

Zumindest von Crossen liegt ein Postschein vom 25. Februar 1809 vor (Abb. 14). Von der Postanstalt Züllichau sind keine Belege bekannt. In den Königlich Sächsischen Hof- und Staats-Kalendern sind ab 1809 beide Postorte mit den Postmeistern aufgeführt. Mit dem Wiener Kongress fielen beide Postanstalten wieder an Preußen.

Heinrich Stephan, Königlich Preußischer Post-Rath, beschreibt die Situation nach dem Frieden von Tilsit in seinem Buch „Geschichte der Preußischen Post von ihrem Ursprunge bis auf die Gegenwart, 1859“ sehr ausführlich, allerdings aus preußischer Sicht. Die diesbezüglichen Seiten 356 und 357 werden deshalb in Kopie abgebildet (Abb. 15).

Abb. 15: Auszug aus „Geschichte der Preußischen Post“, Seite 356 f.

Nach diesem Auszug wurden im Herzogtum Warschau alle preußischen Posten aufgehoben. Alle Postmeister und preußischen Beamten wurden vom sächsischen König entlassen. Die preußischen Postkurse von Berlin nach Osten erlitten dadurch erhebliche Störungen. Im Herzogtum wurde eine eigene Post aufgebaut.

Aus der Zeit der Personalunion ist ein Postschein vom 13. Februar 1808 von Warschau bekannt (Kopie Abb. 16). Vom Scheintext handelt es sich um einen preußischen Typ und ist auch mit „Königl. Ober-Post-Amte“ unterschrieben. Warschau war allerdings Herzogtum und kein Königreich.

Hier stellt sich die Frage, ob Preußen in Warschau wieder eine Postanstalt zu dieser Zeit betrieben hat oder ob in der Postanstalt des Herzogtums Warschau lediglich wie sonst auch in Sachsen üblich die alten Scheine aufgebraucht wurden.

Abb. 16: Postschein von Warschau vom 13. Februar 1808

Verwendete Literatur:

  • Milde / Schmidt: Die alte Sachsenpost, 1973
  • Horst Milde: Sachsen-Brevier, 1994
  • Feuser / Münzberg: Deutsche Vorphalatelie Stationskatalog, 1988
  • Heinrich Stephan: Geschichte der Preußischen Post, 1859 *
  • Gustav Schäfer: Geschichte des Sächsischen Postwesens, 1879 *
  • Reichdeputationshauptschluß vom 25.2.1803 *
  • Friedendvertrag von Posen vom 11.12.1806 *
  • Friedendvertrag von Tilsit vom 7. / 9.7.1807 *
  • Königlich Kurfürstliche und Königliche Hof- und Staats-Kalender, verschiedene Jahrgänge *
  • de.wikipedia.org mit den Themen wie Vierter Koalitionskrieg, Frieden von Possen, Frieden von Tilsit, Königreich Westphalen, betroffene Ortschaften und Herzogtümer und Vieles mehr *

Die am Ende mit einem „*“ versehene Literatur ist im Internet für nichtkommerzielle Zwecke frei verfügbar.