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Interessante Bahnpost Briefe

Arnim Knapp

Zur Einleitung zwei Briefe aus der Zeit vor Eröffnung der Zweigeisenbahnlinie Greiz – Neumark. Der eine Brief ist zur Zeit der Frankomarken-Ausgabe Friedrich August und der Entwertungsperiode „Vollgitterstempel“ zwischen 1852 und 1854 befördert, der andere zur Zeit der ersten Ausgabe der Thurn und Taxis Frankomarken.

Zunächst der Friedrich-August Brief:
Seine Aufgabe erfolgte im Bahnpostbriefkasten des Haltepunktes „Neumark“ an der Bahnlinie Leipzig – Hof mit Weiterbeförderung über Reichenbach nach Greiz. Das Datum der Einführung des Haltepunkts Neumark auf der Strecke Leipzig – Hof ist bis heute nicht bekannt. Die Briefsammlung No. 4 Neumark wurde erst am 1. Sept. 1858 eröffnet, was nur aus den Postakten entnommen werden kann, weil zu Neumark keine Postanstalt Kartenschluss hatte.
Diese war im in der Eisenbahnstation untergebracht.

Das fahrende Postamt Leipzig – Hof wurde am 16. Juli 1851 in Betrieb genommen (Sächs. Postverordnung No. 827). Reichenbach an der Strecke des fahrenden Postamts No. 1 unterhielt regelmäßigen Briefkartenschluss mit dem Postamt Greiz.

Ausschnitt eines einfachen Franko Bahnpostbriefes im Nahbereich Sachsen-Thurn und Taxis

Beförderung: Einwurf in den Bahnpostbriefkasten Neumark, bis Haltepunkt Reichenbach mit der Bahnpost Leipzig – Hof und weiter mit der 3mal täglichen Postverbindung Reichenbach – Greiz. Der Stempel Leipzig-Hof 1 T besagt, dass der Brief Richtung Hof nach Reichenbach ging.
Entfernung: <= 5 Meilen = ½ Ngr.
Gewicht: < 1 Loth = einfach

Jetzt der Thurn und Taxisbrief aus der anderen Richtung:
Seine Aufgabe erfolgte im Postamt Greiz 31. Jan. 1852 und wurde bis Reichenbach befördert und dann auf die Bahnlinie Leipzig – Hof Zug e 12 Uhr umspediert (Der Stempel Leipzig-Hof 1 R besagt, dass der Brief Richtung Leipzig ging) und in Leipzig auf die Bahnlinie Leipzig- Magdeburg Zug 12 Uhr und in Köthen auf die Bahnlinie Leipzig-Berlin umspediert und in Berlin am 2. Febr. vormittags zugestellt (Briefträgerstempel).

Adressat: Aron Guhrauer, Tapeten- und Teppichhändler, Wallstraße 33, Berlin

Postcours Greiz – Werdau seit dem 1. August 1851 um 9:30 vormittags, der Zug nach Leipzig um 11:40 wird erreicht.
rot = Leipzig-Hof
grün = Leipzig-Magdeburg
blau = Leipzig-Berlin

Beförderung: Greiz über Reichenbach, Leipzig, Köten nach Berlin

rot = Postweg Greiz – Werdau
grün = Fahrendes Postamt No. 1 Hof – Leipzig

Ein weiterer Brief aus Sachsen nach Greiz vor Eröffnung der Zweigeisenbahn.

Einfacher Portobrief in den Postverein


Beförderung: Jöhstadt 5. April 1864 7 Uhr abends über Plauen 6. April 9 Uhr vormittags Haltepunkt der Eisenbahn Hof – Leipzig bis Reichenbach im Voigtland 6. April 3 Uhr nachmittags von dort auf den Postkurs Reichenbach – Greiz nach Greiz 6. April 5 – 6 Uhr nachmittags.


Gewicht: <1 Loth
Entfernung: 1 Rayon bis 10 Meilen
Gebühr: Porto = 1 Ngr. + 1 Ngr. Zuschlag im Postverein = 2 Ngr. umgerechnet in 6 Xr.rhn.

Mit Beförderung auf der Greiz-Brunner Eisenbahn-Gesellschaft
Ein direkter Nachweis dass die Beförderung auf der Zweigeisenbahn erfolgte ist nur bei Aufgabe bei der Endhaltestelle Greiz möglich. Alle übrigen Nachweise müssen über den Umkartierungsstempel erfolgen.


Bestimmungen der gebührenfreien Beförderung im Transit:
Auszug aus dem Postvertrag Sachsen mit Thurn und Taxis Sächs. Postverordnung No. 800 28. April 1851. Betr. „Anschluß der Fürstlich Thurn und Taxisschen Postverwaltung an den deutsch-österreichischen Postverein“:

Artikel 19. „Festsetzung der Transitlinien“ letzter Absatz: „Sendungen aus einem Teil des Königlich Sächsischen Postbezirks nach einem anderen Theile desselben Postbezirks, sowie aus einem Theile des Fürstlich Thurn- und Taxisschen Postbeziks nach einem anderen Theile desselben Postbezirks sollen gegenseitig transitfrei befördert werden.

Briefbeispiel

Einfacher Frankobrief im Nahbereich der Thurn und Taxisschen Post im Transit durch Sachsen

Beförderung: Aufgabe im Bahnhof Greiz am 20. 11. 1866 Endpunkt der Eisenbahnlinie GREIZ – NEUMARK, mit dem Zug II bis Neumark befördert. Dort auf die Bahnlinie Leipzig – Hof und in Gössnitz auf die Bahnlinie Glauchau – Gera umspediert Ankunft in Gera am 20. 11. nachmittags.
Entfernung: Greiz – Gera = 4,5 Meilen Nahbereich = ½ Sgr.
Gewicht: <1 Loth = einfach

Geschichte der Zweigeisenbahn:
Die Greiz–Brunner Eisenbahn-Gesellschaft war eine Eisenbahngesellschaft in Sachsen und dem Fürstentum Reuß ältere Linie.

Bevor Greiz, die damalige Hauptstadt des Fürstentums Reuß ältere Linie, im Jahre 1875 durch die Elstertalbahn der Sächsisch-Thüringischen Eisenbahn-Gesellschaft an das Schienennetz angeschlossen wurde, bekam die Stadt von Sachsen her eine Bahnverbindung, die vor allem von den Fabrikbesitzern gewünscht worden war. Weil die Sächsische Staatsbahn den Bau nicht selbst bewerkstelligen wollte, gründeten die Interessenten 1862 die Greiz-Brunner Eisenbahn-Gesellschaft (GBE), von deren Kapital auch die Fürstlich Reußische Regierung mehr als ein Viertel übernahm. Die Gesellschaft erhielt 1864 die Konzessionen des Fürstentums Reuß ä. L. und des Königreichs Sachsen für den Bau einer Eisenbahnstrecke. Sie begann in Greiz an einer Station die später oberer Bahnhof oder Aubachtal genannt wurde, führte weiter in östlicher Richtung und überschritt kurz vor Brunn die sächsische Grenze. Bei Brunn mündete sie in die Bahnstrecke Leipzig–Hof ein, die von der Sächsisch-Bayerischen Eisenbahn-Compagnie bereits 1846 eröffnet und anschließend verstaatlicht worden war. Die GBE ließ ihre Züge bis Neumark in Sachsen durchfahren und zahlte für die Streckenbenutzung an die Staatsbahn ein „Bahngeld“ von jährlich 1860 Mark.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Greiz-Brunner_Eisenbahn-Gesellschaft

Den Betrieb auf der neuen Strecke, die am 23. Oktober 1865 eröffnet wurde, besorgten die Kgl. Sächsischen Staatseisenbahnen. Diese erwarb die Greiz-Brunner Eisenbahn zum 1. Januar 1876.

Quelle: Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltung No. 42, Oktober 1865

Diese Strecke war ohne Postschaffnerbegleitung. Die Postbeförderung fand unter Verschluss
statt. 1866 fuhren pro Tag 4 Züge zwischen Greiz und Neumark hin und her. Der Zug II
(Fahrplan 1866) fuhr vormittags um 6:50 Uhr in Greiz los. Er brauchte ca. ½ h Fahrzeit für die
13,8 km lange Strecke.

Auszug aus dem Fahrplan der königlich sächsischen westlichen Staatseisenbahnen vom
August 1866:

Quelle: Leipziger Zeitung No. 195, August 1866

Weiter wurde der Brief dann aus Gründen der schnellsten Beförderung über das Sächsische Bahnnetzwerk bis Gera befördert, denn die Bahnlinie über Greiz nach Gera wurde erst im Sommer 1875 in Betrieb genommen: In Neumark auf die Bahnlinie Leipzig – Hof und in Gössnitz auf die Bahnlinie Glauchau – Gera umspediert. Der Brief kam am 20. 11. Nachmittags in Gera an.

Ausschnitte aus der Karte Topographische Äquidistantenkarte Sachsen 1875, Darstellung des Streckenabschnitts der Greiz-Brunner Eisenbahngesellschaft bis Brunn und ab Brunn bis Neumark, dem Streckenabschnitt auf dem die Bahnlinie Greiz – Neumark die Bahnlinie Leipzig – Hof mitbenutzte.

Bahnstrecke Zweigeisenbahn Greiz – Neumark mit den Haltepunkten Greiz, Mohlsdorf, Brunn, Neumark

Ausschnitt Vergrößerung des gemeinsamen Streckenabschnitts

grün = Bahnlinie Greiz – Neumark
grün gestrichelt = gemeinsamer Streckenabschnitt
rot = Leipzig – Hof

Weitere Belege mit Beförderung auf der Zweigeisenbahn Greiz – Neumark oder Neumark – Greiz.

Sammlung Jürgen Herbst

Einfacher Frankobrief im Nahbereich der Thurn und Taxisschen Post im Transit Sachsen

Beförderung: Aufgabe im Bahnhof Greiz am 4. 5. 1866 Endpunkt der Eisenbahnlinie GREIZ – NEUMARK, mit dem Zug II bis Neumark befördert. Dort auf die Bahnlinie Leipzig – Hof und in Gössnitz auf die Bahnlinie Glauchau – Gera umspediert Ankunft Ronneburg ein Haltepunkt dieser Strecke.
Dieser Brief ist nach den gleichen Transitgebühren Bestimmungen Artik. 19 des Postvertrags behandelt wie der Brief Greiz-Gera.

1879 führte die Bahnstrecke nach Kauf der Zweigeisenbahn durch die Sächsische Staatseisenbahn einen Streckenstempel Greiz – Neumark, der zur Entwertung eingesetzt wurde. Postkarte des Deutschen Reichs 10. Juni 1879.

Briefe in umgekehrter Richtung Sachsen nach Thurn und Taxis

Beförderung: Aufgabe in den Bahnpostwagen Reichenbach am

3. 3. 1867. Haltepunkt der Eisenbahnlinie Leipzig – Hof mit dem Zug VI bis zum Haltepunkt Neumark 3. 3. Mittags befördert. Dort auf die Bahnlinie GREIZ – NEUMARK umspediert und bis zum Endhaltepunkt Greiz befördert Ankunft 3. 3. Nachmittags. Dies müsste laut Fahrplan der Zug IV gewesen sein.

Adressat: Fabrikant Heinrich Rudolf Lindner, wohnhaft in der Heinrichstraße 7, Greiz

Einfacher rekommandierter Frankobrief aus Sachsen nach Thurn und Taxis

Beförderung: Aufgabe in Leipzig am 30. 4. 1867. Mit der Eisenbahnlinie Leipzig – Hof bis zum Haltepunkt Neumark 31. 4. vormittags befördert. Dort auf die Bahnlinie GREIZ – NEUMARK umspediert und bis zum Endhaltepunkt Greiz befördert Ankunft 31. 4. vormittags. Dies müsste laut Fahrplan der Zug V gewesen sein.
Rekommandation: 2 Ngr.
Entfernung:
Gewicht: <1 Loth = einfach


Ein Brief aus dem Postverein mit Beförderung auf der Zweigeisenbahn
Adressat: Fabrikant Heinrich Rudolf Lindner, wohnhaft in der Heinrichstraße 7, Greiz
Absender: Louis Reis, Manufakturwarengeschäft en gros, Stuttgart

Beförderung: Aufgabe in Stuttgart am 09. 02. 1867. mit den württembergischen und bayrischen Eisenbahnlinien bis Hof und dem Fahrenden Postamt No. 1 Leipzig – Hof bis zum Haltepunkt Neumark 11. 02. nachmittags befördert. Dort auf die Bahnlinie GREIZ – NEUMARK umspediert und bis zum Endhaltepunkt Greiz befördert, Ankunft 11. 02. abends. Dies müsste laut Fahrplan der Zug X gewesen sein.
Rekommandation: 2 Ngr.
Entfernung: >20 Meilen
Gewicht: <1 Loth = einfach

Anzeige in der Zeitung „Schwäbischer Merkur“ No. 1 Januar 1866; Mitarbeitergesuch von Louis Reis aus Stuttgart