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Einen Anstoß für die Ausgabe von Briefmarken gab die folgende Regelung im am 1. Juli 1850 in Kraft tretenden Vertrag des Deutsch-Österreichischen Postvereins:
„Art. 18: Für die Wechsel-Korrespondenz innerhalb der Vereinsstaaten soll in der Regel die Vorausbezahlung des Porto stattfinden und die Erhebung sobald als thunlich durch Franco-Marken geschehen.“
Mochte diese mehr oder weniger dringliche Empfehlung bei der Oberpostdirektion noch keine erhöhte Aktivität ausgelöst haben, so ergab sich die Motivation dazu jedoch aus einem weiteren Artikel:
„Art. 20: Für Kreuzbandsendungen, wenn solche außer der Adresse, dem Datum und der Namensunterschrift nichts Geschriebenes enthalten, wird ohne Unterschied der Entfernung nur der gleichmäßige Satz 1 kr. (4 Silberpfg.) pro Loth, im Falle der Vorausbezahlung, sonst aber das gewöhnliche Briefporto erhoben.“
Solange keine Marken zur Verfügung standen, bedeutete das für die Post, daß Drucksachen auch in größeren Mengen am Schalter entgegenzunehmen und zu bearbeiten waren, dafür aber ein deutlich reduziertes Entgelt einzunehmen war. Deshalb beeilte man sich, zumindest für die Drucksachenfrankatur geeignete Marken rechtzeitig zum 1. Juli 1850 fertigzustellen. Für die Frankierung der nicht so stark von der Portovereinfachung und -reduzierung betroffenen Briefe standen Marken erst ein Jahr später zur Verfügung. Zur Unterscheidung von regulären Briefmarken wurde diese Ausgabe „provisorische Kreuzbandmarke“ genannt.
Ersttagsverwendung der „provisorischen Kreuzbandmarke“ am 1. Juli 1850 auf Drucksache ohne Streifband
1. Provisorische Kreuzbandmarke 1850
Der geringe zeitliche Vorlauf, der für Entwurf und Herstellung der ersten sächsischen Francomarke zur Verfügung stand, erforderte einige Kompromisse in Bezug auf Gestaltung und Druckvorbereitung. Man verzichtete folglich sowohl auf einen Entwurfswettbewerb als auch auf ein Ausschreibungsverfahren und übertrug der Druckerei Hirschfeld die gesamte Herstellung. Das Motiv orientierte sich stark an der ersten bayrischen Markenausgabe, von der die sächsische Postverwaltung Exemplare von der bayrischen erbeten hatte und erhielt.
Bayern 1 Kreuzer
Sachsendreier
Bayern 3 Kreuzer
Im Vergleich der beiden bayrischen Vorbilder mit der sächsischen Umsetzung fällt auf, daß bei ersteren die Ornamentik in den zentralen Ziffern sowie bei der 3-Kreuzer-Marke auch in den inneren Ecken wesentlich sorgfältiger ausgearbeitet ist als beim Sachsendreier. Der sächsische Entwurf unterlag offensichtlich vorzugsweise der Aufgabenstellung, die Flächen zu füllen, weniger der, eine klare Ornamentik zu erzeugen.
Der Druck erfolgte im traditionellen Buchdruckverfahren mit einzelnen Druckstöcken. Sowohl in der traditionellen Literatur als auch in den Katalogen wird der Urdruckstock als Holzschnitt bzw. Holzstich beschrieben. An dieser durch Originalquellen nicht belegten Darstellung sind jedoch Zweifel erlaubt, die an dieser Stelle nicht behandelt werden sollen.
Dokumentiert ist eine Druckauflage von 500.000 Stück, von der rd. 20.000 Marken als Restbestand verbrannt worden sind.
Nachgewiesen sind 6 Druckformen (fälschlicherweise als „Platten“ bezeichnet), denen Bühler in seinem Handbuch (Bühler, Georg, Sachsen 3 Pfennig Rot, Berlin 1978) auf festen Positionen Druckstöcke mit individuellen Merkmalen zuordnet. Nach neueren Forschungsergebnissen fand an einzelnen Positionen ein Austausch von Druckstöcken statt.
Generell sind die Druckstöcke der ersten beiden Druckformen größer als diejenigen der später verwendeten. Das läßt auf einen Wechsel der Art der Abformung vom Urdruckstock resp. der Urmatrize schließen.
Unterschieden wird auch die Art der Trennlinienanordnung. Während bei der 3. Druckform die senkrechten durchgehen, sind es bei den übrigen die waagerechten.
Große Unterschiede existieren auflagenübergreifend bei den Druckfarben, deren farbgebender Hauptbestandteil sich als Zinnober erwies. Während Spezialsammler 8 Farbvarianten unterscheiden, haben sich die Kataloge auf 3 beschränkt (Zinnober, Braunrot und Karminrot).
2. Kreuzbandmarke 1851
Die „provisorische Kreuzbandmarke“ wurde im Rahmen der Ausgabe auch zur Brieffrankatur vorgesehener Francomarken ebenfalls ersetzt. Auf die Gestaltung ist erkennbar mehr Mühe aufgewandt worden. Vorbild war in diesem Falle vermutlich eine österreichische Markenausgabe, die mittig groß das Staatswappen zeigte.
Auch die Herstellung dieser Marke erfolgte im preisgünstigen Buchdruckverfahren. Die Auslieferung hatte in Schalterbogen zu jeweils 10 Stück, angeordnet in zwei Fünferreihen à 5 Marken zu erfolgen. Bei den ersten Auflagen setzte die Druckerei die Druckstöcke entsprechend blockweise in die Formen mit größeren Zwischenräumen, so daß die Schalterbogen rundum breitere Ränder aufwiesen. Ab 1853 druckte man 100er Bogen mit gleichmäßig schmalen Abständen der Markenbilder. Auch die Ränder des Druckbogens wurden schmal beschnitten. Die beiden Varianten der Druckbogenanordnung werden traditionell getrennt gesammelt und katalogisiert.
Die zahlreichen Farbvarianten, früher katalogisiert als „Grün (Töne)“ werden inzwischen unterschieden nach Grün, Smaragdgrün, Blaugrün, Gelbgrün. Wer Interesse an Farbvarianten hat, kann das weiter ausdifferenzieren.
Alle sächsischen Briefmarken waren ab 1.August 1851 bis zum 31. Dezember 1867 frankaturgültig.
Paar der 3 Pfg.-Marke als Frankatur von 6 Pfg. für einen Stadtpostbrief von Dresden
3. Ausgabe Friedrich-August 1851, Farbänderung 1853
Für die Francomarken der Groschenwertstufen war ursprünglich die Gestaltung der Entwurfszeichnung vorgesehen, wobei an Stelle des Staatswappens der Kopf des Königs Friedrich August das zentrale Motiv bilden sollte. Letztlich erhielt jedoch ein Vorschlag der Druckerei Meinhold den Vorzug, der im Stichtiefdruck ausgeführt war.
Buchdruckessay
Abzug vom Stahlstich
Original von Kupferplatte
Ausgangspunkt der Plattenherstellung war ein Stahlstich. Dessen Vervielfältigung erfolgte jedoch nicht im üblichen Verfahren der Prägung über eine Molette. Die Druckerei verwendete das bei der Markenherstellung unübliche und anderswo niemals angewandte Verfahren der galvanoplastischen Abformung. Die dabei anfangs aufgetretenen Probleme fanden ihren Niederschlag in div. Druckbildabweichungen, von denen die „Sachsenringel“ die bekanntesten sind.
Die Markenausgabe umfasste die Wertstufen zu ½, 1, 2 und 3 Neugroschen, gedruckt auf grau, rosa, hellblau und gelb gefärbtem Papier. Im Jahre 1853 kamen von der Wertstufe zu 2 Ngr. auf dunkelblau gefärbtem Papier gedruckte Marken an die Schalter.
Recommandierter Brief in den 3. vereinsländischen Entfernungsbezirk nach Preußen vom ersten Gültigkeitstag der Francomarken zur Brieffrankatur, Taxe 3 Ngr. zzgl 2 Ngr. Recommandationsgebühr
4. Ausgabe Johann 1855
Durch den Unfalltod des Königs Friedrich August wurde die Ausgabe neuer Francomarken mit dem Kopfbild seinen Nachfolgers König Johann erforderlich. Deren Gestaltung sollte keine grundsätzliche Änderung erfahren, sondern lediglich etwas „lichter“ ausfallen. Sowohl die Herstellung im Kupferstichtiefdruck als auch das Verfahren der Plattenabformung vom Stahlstich wurden beibehalten.
Zur Erhöhung der Standzeiten der Druckplatten wurden sie bei den am häufigsten gebrauchten beiden niedrigen Wertstufen verstählt. Das erforderte wegen der galvanisch aufgebrachten Stahlauflage eine tiefere Gravur der Wertziffern. Die betreffenden Marken sind als Typ II katalogisiert.
Typ I Typ II
Typ I Typ II
Doppelbrief in den 3. vereinsländischen Entfernungsbezirk nach Preußen, Taxe 6 Ngr.
5. Ausgabe Johann 1856
Die beabsichtigte Zulassung der Markenverwendung auch bei ins Postvereinsausland gerichteten Briefen, die teilweise deutlich höhere Frankaturen erforderten, führte zur Ausgabe von Marken der Wertstufen zu 5 und 10 Neugroschen. Bei diesen Höchstwerten ging die Postverwaltung vom farbigen Papier ab und ließ die Marken farbig auf weißem Papier drucken. Da insbesondere rote Druckfarben auf Basis von Zinnober aggressiv auf die Druckplatten einwirken, führte man deren Verstählung ein. Nachdem die anfangs für den Druck der Wertstufe 5 Ngr. benutzte Mineralfarbe als zu stumpf und dunkel beanstandet worden war, experimentierte die Druckerei mit einer Vielzahl von Rezepturen, die alle mehr oder weniger stark zur Verfärbung bei Schwefeleinwirkung neigten. Abhilfe sollte eine stärkere Papierleimung bringen, die sich als „glasiges Papier“ in den Katalogen findet.
Als problematisch erwies sich in jüngerer Zeit die Umstellung der Farbbezeichnungen im für die BPP-Prüfer maßgeblichen Michel-Katalog auf die Nomenklatur des verlagseigenen Farbführers. Es häuften sich Abweichungen von früheren Farbbezeichnungen in Prüfbefunden, so dass es sich empfiehlt, auf Handbuchbezeichnungen zurückzugreifen.
Farben in der Reihenfolge ihrer Schalterausgabe
Milchblau Dunkelblau Blau, starke Leimung
Im Postverein einfach, in Frankreich doppelt schwerer recommandierter Brief mit Frankatur beider Höchstwerte
6. Ausgabe Wappen 1863
Nach dem Vorbild Preußens wurden zum 1. August 1863 Marken herausgegeben, die einerseits an Stelle des Königskopfes das Staatwappen als zentrales Motiv enthielten und andererseits ohne Verwendung einer Schere aus dem Druckbogen zu trennen waren. Während die preußische Postverwaltung zu diesem Zweck noch das Durchstichverfahren anwenden ließ, ging die sächsische direkt zur Zähnung über.
Die Marken wurden im kombinierten Farb- und Blindprägedruck hergestellt. Von der Postverwaltung wurden die Druckfarben der Wertstufe ½ Neugroschen wegen ihrer Verfärbungsneigung bei Schwefeleinwirkung (Ausdünstungen auf Landgütern) und bei der Wertstufe 5 Neugroschen wegen erheblicher Abweichungen vom vorgegebenen Lila moniert. Beide Wertstufen bereiten wegen ihrer Farbproblematik noch heute Sammlern wie Prüfern Probleme.
Die Zähnung erfolgte durch Lochung mehrerer Bogen übereinander mit Handvorschub unter in Reihe angeordneten Lochstempeln. Das führte bei den unteren Bogen zu mangelhaft ausgestanzten Löchern und in dessen Folge beim Trennen zu Zahnfehlern, für die seitens der Prüfer häufig der Euphemismus „ausgabentypische Zähnung“ verwendet wird. Durch den Handvorschub kam es nicht selten zu Verschiebungen der Zahnreihen mit der Folge unterschiedlich breiter und hoher Marken.
Zähnungsversatz Doppelzähnung links Höhenunterschiede Fehlende Zahnlöcher
Für diese Ausgabe galt zwar der einheitliche Ausgabetermin 1. Juli 1863 mit Beginn des Schalterverkaufs. Die Postanstalten wurden jedoch angewiesen, vorrangig die vorhandenen Bestände der vorangegangenen Markenausgabe zu verbrauchen und die neuen Marken nur auf Verlangen abzugeben.
Brief vom ersten Verwendungstag 1. Juli 1863